AYERS Guitars - Die Gitarren vom "Rock"

ein Test von Bernd Strohm

Geografisch beschlagenere Geister werden den Namen AYERS sicher sofort mit dem gleichnamigen australischen "Rock", dem Heiligtum der Aborigines in Verbindung bringen. Und tatsächlich liegt man mit dieser Assoziation goldrichtig, schließlich hat der Gitarrenbaumeister Gerard Gilet in Australien unter dem Namen AYERS GUITARS fünf Serien mit hochwertigen Instrumenten und ansprechendem Design entwickelt. Obwohl seine Arbeit schon vor 22 Jahren in Sydney begann, wurde der Meister mitsamt seinem Werk hierzulande bis dato noch nicht wirklich wahrgenommen. Das soll sich jetzt aber ändern, denn seit dem Frühjahr hat der renommierte Vertrieb M&T die Betreuung der Marke übernommen. Im Zuge der Kooperation konnte ein Teil seiner Kollektion (die über 50 Modelle umfasst) bereits auf der diesjährigen Frankfurter Messe bewundert werden. Auditorium, Dreadnought, Jumbo und Grand Concert bilden die vier Serien, aus denen sich die Modellpalette zusammen setzt. Für die Produktion der AYERS Gitarren wurde der Standort Vietnam ausfindig gemacht. Dort werden die durchweg vollmassiven Instrumente "handcrafted" angefertigt.


Den Namen AYERS hatte ich noch nicht gehört. Und Vietnam ? Nanu ! Kommen da nicht auch die "gesperrten" Kaufhausgitarren her? Ich wurde neugierig als man mir ein weiches, leichtes Softcase mit Luftbefeuchter und digitalem Hygrometer überreichte. Inhalt: eine Dreadnought mit Cutaway und einem eingebauten Tonabnehmer der Firma FISHMAN. Und die Gitarre machte auf den ersten Blick auch noch einen richtig guten Eindruck. Man durfte also gespannt sein.

Die AYERS DCSOr

Korpus

Der Korpus der Gitarre entspricht mit den Abmessungen 51 cm x 40 cm dem Standard einer Dreadnought. Mit ihrem rundlichen Cutaway, eckigen Schultern und einer breiten Taille ist die Korpusform unverwechselbar. Die helle, feingezeichnete, äußerst dünne Decke wurde aus zwei symmetrischen Hälften zusammengesetzt und besteht aus massivem Fichtenholz (Sitka-Fichte). Eine derart dünne Decke reagiert natürlich besonders sensibel auf Schwingungen der Saiten und wertet das Instrument klanglich enorm auf. Leider reagiert eine dünne Decke aber auch besonders sensibel auf Schwankungen der Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerte. Holz, als Naturprodukt, hat normalerweise einen sehr hohen Feuchtigkeitsgehalt. Ist das umgebende Klima trocken, gibt Holz Feuchtigkeit ab, ist das umgebende Klima hingegen feucht, nimmt Holz Feuchtigkeit auf. Solange sich die relative Luftfeuchtigkeit in direkter Umgebung der Gitarre zwischen 45% und 60% bewegt, ist das Tonholz nicht gefährdet. Sinkt der Wert auf unter 40% (z.B. während der Heizperiode), beginnt das Tonholz Feuchtigkeit an die Umgebung abzugeben. Jetzt droht Gefahr und Beschädigungen (Risse) des Instruments sind nicht mehr auszuschließen. Damit man die Luftfeuchtigkeit (im Softcase) ständig kontrollieren und verändern kann, hat der Hersteller ein digitales Hygrometer und einen Luftbefeuchter in den Lieferumfang miteingeschlossen. Das Handling ist denkbar einfach und artet zu keiner Zeit in Stress aus. Zumal sich der Minimal-Aufwand wirklich auszahlt.Um das gesteigerte Schwingungsverhalten der Decke auch "gefinished"zu erhalten, wurde der hochglänzende Lack von Meisterhand hauchdünn aufgetragen.

So mancher Hersteller möchte die Nahtstelle der beiden Deckenhälften so gut wie möglich kaschieren, um dem Betrachter die Illusion einer kompletten Einheit zu suggerieren. Nicht so Gilet. Beide Deckenhälften - obwohl "gebookmatched" - kontrastieren durch eine verschiedenartige Tönung. Öfter mal was Neues. Die Unterseite mit dem Cutaway präsentiert sich leicht dunkler als die Oberseite. Eingefaßt wird die Decke mit einem cremefarbenen Binding und einer schwarzweiß-gestreiften Nahtstelle an der Kante. Auf ein Schlagbrett hat man bewusst verzichtet. Der Picker wird's auch nicht vermissen. Das Schalloch wird von einer "echten" Rosette umrundet, die bei genauer Betrachtung in vier schwarz-weiß-schwarz gestreifte Kreise aufgelöst werden kann. Im Zentrum wurde außerdem ein kreisrunder breiter Streifen mit dunkelbraunem "Wood" eingelegt - echte Intarsienarbeiten, die das Instrument noch aufwerten ! Ähnlichkeiten mit dem Original von Martin sind nicht von der Hand zu weisen.

Eine Besonderheit der Gitarre ist die erstmals verwendete "New Bridge", bei der Saitenhalter und Steg getrennt voneinander auf der Decke angebracht sind. Der bogenförmige dunkelbraune Saitenhalter wurde aus einem Stück Ebenholz geformt und vermittelt ein magisches, "aboriginäres" Erscheinungsbild. Hier begibt sich der Hersteller mit sehr viel Mut, aber auch mit einer Portion Unvoreingenommenheit, auf ein möglicherweise konservatives Terrain ! Mir gefällt das Ergebnis jedenfalls. Die sechs Saiten werden über eine durchgehende, einteilige Stegeinlage geführt. Der schlichte Saitenhalter, den man zum "Pfeil" stilisieren möchte, besteht ebenfalls aus einem Stück Ebenholz. Die Saiten werden mit sechs, jeweils mit einem schwarzen Dot verzierten Kunststoff- Pins befestigt.

Für den leicht gewölbten Boden der AYERS DCSOr wurde hochwertiges Ovangkol verarbeitet. Ovangkol (oder Ovankol), ein hartes dunkles Edelholz aus Westafrika (Elfenbeinküste) ist attraktiv grob gemasert und hat Ähnlichkeit mit dem in Europa heimischen Nußbaum. Ein eingelegter cremefarbener Bodenmittelstreifen bildet das Rückgrat und stabilisiert die beiden Bodenhälften. Er korrespondiert farblich mit dem Binding an der Decken- und Bodenkante. Beide Bodenhälften wurden "gebookmatched". Ebenfalls aus massivem Ovangkol bestehen die beiden symmetrisch gemaserten Zargen. Genau wie die Decke wurde auch der gesamte Korpus dünn lackiert und auf Hochglanz poliert.

Ein Blick "unter die Haube" zeigt, dass die Reifchen, die man zur Vergrößerung der Verleimflächen von Decke und Boden am Rand einsetzt sauber, gleich- und regelmäßig verarbeitetet wurden. Ein nah am Schalloch fixiertes X-Bracing stabilisiert die Decke - solide Handarbeit!

Neck

Für den schlanken Hals kam Mahagoni zum Einsatz. Der Halsfuß - ebenfalls aus Mahagoni -wurde angesetzt und bildet keine Einheit mit dem Hals. Der Halsansatz der AYERS DCSOr befindet sich am 14. Bund. Die Halskrümmung lässt sich mit einem eingelegten Stahlstab justieren. Die entsprechende Schraubvorrichtung kann man problemlos über das Schalloch erreichen. Das Griffbrett besteht aus feinstem Ebenholz. Im 14. Bund hat es eine Breite von 5,4 cm. Eine rautenförmige Perlmutteinlage verziert den Oktavbund, ansonsten verzichtet der Hersteller auf protzige Einlegearbeiten und setzt bei diesem Modell auf schlichte Eleganz. Dem Klang der Gitarre kann eine aufwändige und teure Verzierung auch gleich sein. Kleine, weiße Dots aus Kunststoff auf der Sichtkante sorgen für die nötige optisch Lagen-Orientierung. Die sechs Saiten laufen über einen sorgfältig gearbeiteten Sattel. Das Griffbrett misst hier eine Breite von 4,3 cm.

Head

Die elegante, schlicht geformte Kopfplatte wurde separat an den Hals angesetzt. Auf jeder Seite der Kopfplatte befinden sich jeweils drei Wirbel aus braun-rotem Kunststoff (Perloid). Das Material korrespondiert farblich mit der Lackierung auf der Kopfplattenoberseite.AYERS hat die Dreadnought mit geschlossenen goldenen Mechaniken ausgestattet. Sie arbeiten präzise und leichtgängig und machen das Stimmen zum Kinderspiel. Die Oberfläche der Kopfplatte (Mahagoni) wurde hochglänzend braun-rot gefinished. Die Front der Kopfplatte verziert eine weiße quadratische Perlmutteinlage mit dem Logo der Firma AYERS - einem kleinen "a".

Tonabnehmersystem

Die mechanischen Schwingungen der Saiten und der Decke werden von einem Fishman Acoustic Matrix Pick-Up in elektromagnetische Schwingungen umgewandelt. Der Transducer hält sich unter der Stegeinlage versteckt und überträgt ein ausgewogenes klares Signal der sechs Saiten. Verarbeitet werden die Informationen in einem in der Zarge integrierten Vorverstärker, einem FISHMAN Prefix Plus. Der Prefix Plus ist mit einem 4-bandigen EQ ausgestattet. Die Parameter BASS und TREBLE arbeiten mit Shelv-Charakteristik. Mit Hilfe des CONTOUR-Reglers lassen sich die Mitten entzerren. Parallel dazu hat man die Möglichkeit halbparametrisch Einfluß auf die Weite/Größe einer ausgewählten Frequenz zu nehmen. Beide Parameter können aber nicht unabhängig voneinander gesteuert werden. Die jeweils zu bearbeitende Frequenz lässt sich mit Hilfe des FREQUENCY-Reglers- eines zusätzlichen Schiebers (zwischen 250 Hz und 10 kHz) auswählen. Das vierte Band "BRILLIANCE" schließlich, arbeitet wie der Presence-Regler eines Gitarrenverstärkers. Der Regler erweitert die übliche 3-bandige Klangreglung (Bässe, Mitten, Höhen) um eine feine ergänzende Abstimmung im Höhenbereich. Dabei unterscheidet sich der Wirkungsbereich aber nur geringfügig von dem eines normalen TREBLE-Reglers.

Zusätzlich zur beschriebenen Klangregelung, ist der Prefix Plus mit einem NOTCH-Filter ausgestattet.Mit Hilfe des besonders schmalbandigen EQs läßt sich ein extrem dünner und tiefer Schnitt in den vorher definierten Frequenzverlauf vornehmen. Auf diese Weise können störende Frequenzen (z.B. Feedback, Brummschleifen) zwischen 40 Hz und 500 Hz teilweise oder vollständig eliminiert werden. Neben dem VOLUME CONTROL wurde noch ein PHASE SHIFT-Schalter in das Panel eingearbeitet. Eine zusätzliche LED meldet sich rotleuchtend, wenn der 9V-Block, der den Pre-Amp speist, erschöpft ist. Die Batterie lässt sich übrigens sehr schnell auswechseln. Flip-Flop- fertig ! Das ganze Panel kann mit einem Knopfdruck in der Zarge vollständig umgedreht werden. FISHMAN hat auf zusätzliche "Einbaugeräte" wie Phaser oder Tuner völlig verzichtet. Gott sei Dank, bieten solche Miniaturen doch oft nur mäßige Qualität und gehören -meiner Meinung nach- nicht in die Zarge einer Gitarre. Ein externes hochwertiges Boden- oder Studiogerät sollte es hier bei Bedarf richten.

Klang und Spielpraxis

Obwohl die AYERS DCSOr mit einem Tonabnehmersystem ausgestattet ist, entspricht ihr Klang nicht dem einer typischen Elekro-Akustikgitarre. Ganz im Gegenteil: Der Sound der DCSO kann durchaus mit der Performance einer "echten" Akustikgitarre konkurrieren und lässt sich dementsprechend ganz hervorragend mit dem Mikrofon abnehmen. Das Instrument übermittelt einen lebendigen, warmen Klang, mit druckvollen Bässen und kräftigen Mitten. Die Schwingungen der dünnen Fichtendecke erzeugen eine Luftsäule mit kräftigen Vibrationen - laut und durchsetzungsstark! Die Frequenzen im oberen Bereich halten sich dabei allerdings vornehm zurück. Beim Strumming entsteht ein "fetter" getragener Sound, der durch die "dicke" Werkbespannung (12 auf 54)noch unterstützt wird. Die Gitarre kann sich eben -wie schon erwähnt - auch ohne Verstärker hören und spielen lassen. Welche Gitarre aus dem Sektor "Elektro-Akustik" kann das schon von sich behaupten? Mit dem Vorverstärker von FISHMAN macht die AYERS aber auch auf der Bühne einen richtig guten Job. Selbst im anspruchsvollen Studiobetrieb kann das System überzeugen - und dank der hervorragenden akustischen Eigenschaften der Gitarre, läßt sich der elektroakustische Sound auch noch gewinnbringend mit dem Naturklang kombinieren - besser geht es nicht. Alles in allem erinnert mich der Klang der Ayers an den der legendären D-40 von Martin. Jawohl ! Mit diesem Sound kann man auch Solospielstücke problemlos ´rüberbringen - der rundliche Cutaway sorgt dafür, dass sich auch die hohen Lagen solistisch in Szene setzen lassen!

Fazit

Zugegeben: Aufgrund des Produktionsstandorts hatte ich zunächst schon so meine Vorurteile . Umso mehr wurde ich dann vom Klang und der Verarbeitungs-Qualität der DCSO überrascht. Vietnam hat mächtig aufgeholt. Satte, wohltönende Bässe und ausgewogene Mitten bestimmen das Klangbild des komplett handgefertigten Instrumentes, das unbedingt professionellen Ansprüchen gerecht werden will und kann. Unaufdringliche und schlichte Eleganz, gepaart mit handwerklicher Präzision machen die Dreadnought zu einem Instrument der ersten Wahl - und das nicht nur wenn es darum geht, eine Westerngitarre zu kaufen, die auch vom Preis/Leistungsverhältnis attraktiv ist. Nein, es muss nicht immer eine renommierte Marke aus Amerika sein. Den Test einer AYERS würde ich deshalb, bei sich bietender Gelegenheit, unbedingt empfehlen. Seine Erwartungen darf man dabei getrost auch etwas höher ansetzen.

Specs

  • Hersteller: Ayers (Australien)
  • Herkunft: Vietnam
  • Modell: Dreadnought DCSOr
  • Decke: Sitka-Fichte, massiv
  • Boden/Zargen: Ovangkol, massiv
  • Hals/Kopfplatte: Mahagoni
  • Griffbrett: Ebenholz
  • Bünde: 20
  • Tonabnehmer: Prefix Plus/Fishman
  • Saitenhalter/Brücke: Ebenholz
  • Mechaniken: geschlossen
  • Mensur: 64,5 cm
  • Vertrieb: M + T, Marburg
  • Preis: € 1299,- (uvp)

Hörbeispiel: A Handful Of Fairy-Dust

Composed and performed by Bernd Strohm Copyrights by BeSt Music

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