Marshall MG 10 CD

Brüllwürfel mit Pepp

Wie heißt es im Volksmund doch so schön: Übung macht den Meister. Und wie immer bei den Empfehlung aus dem Nähkästchen, steckt auch hinter dieser Weisheit mehr als nur ein Fünkchen Wahrheit. Doch mal ganz ehrlich: Was nutzen einem Gitarristen all die guten Vorsätze, wenn er nicht über das nötige Equipment verfügt, um nach Lust und Laune immer und überall mit einem ansprechenden Sound die Axt schwingen zu können?! Und genau hier setzt Marshall mit seinem MG 10 CDR Combo-Amp an. In welcher Hinsicht der kleine Schwarze motivierten Musikern soundtechnisch unter die Arme greifen kann, erfährst du im folgenden PG Gear Check.

Genau wie seine Serienbrüder, basiert auch der mit einer Abmessung von 290 x 300 x 180mm (B,H,T) ultrakompakte MG 10 CD auf modernster Transistortechnologie. Und das die röhrenverrückten Boys aus Bletchley auch in dieser Hinsicht ihr Handwerk verstehen, ist spätestens seit dem Release der überaus erfolgreichen AVT Serie vor zirka zehn Jahren kein Geheimnis mehr.


Bedienung und Konzept

Um eine optimale Festigkeit und eine akustisch homogene Struktur gewährleisten zu können, hat man sich im Hause Marshall dazu entschlossen, auch die aus robustem MDF gefertigten Gehäuse-Parts des kleinen Riesen, per Nut und Feder zu verbinden. Das Ergebnis ist ein in sich geschlossenes System, dass trotz des geringen Volumens einen druckvollen, dynamischen Ton bereitstellen kann. Bezogen ist der MG 10 CD mit schwarzem, strapazierfähigen Kunstleder. Eine Frontbespannung aus schwarzem Nylongewebe, inklusive Marshall-Logo, sorgt für den legendären Look. Der kleine Wilde ruht auf saftigen Gummifüßen, die Muttis Laminat genauso effektiv schonen, wie die Hüttenschuhe, die unter der Couch auf ihren allabendlichen Einsatz warten. Viel schonungsloser präsentiert sich die Ausstattung des Amps. Ein Blick auf das vergoldete Frontpanel des MG und schon ist klar: Hier steht ein zugegebenermaßen kleiner, aber echter 2-Kanaler mit einer getrennten Lautstärkenregelung für beide Kanäle. Die Kanalanwahl erfolgt über einen entsprechenden Taster auf dem Front-Panel. In Sachen Klangregelung teilen sich die beiden Kanäle ein und denselben Contour-Regler, was wegen der von Werk ab sauberen Abstimmung der Kanäle aber keinen Kompromiss darstellt. Marshall setzt bei seinem Kleinsten ausschließlich auf die Effektivität des speziell angepassten Mittencontrollers und verzichtet stattdessen auf die, ab der MG 15 Serie verfügbaren, 3-Band Klangregelung. Der Trick hinter der Funktion des Contour-Reglers ist, dass sein "Drehen" kein starr festgelegtes (Mitten-)Frequenz-Band beeinflusst. Vielmehr findet während des Regelns eine zusätzliche, an die übliche An- und Absenkfunktion gekoppelt, Verschiebung der jeweils zugrunde liegenden Filter-Bandbreite statt. Die Parameter wurden dabei von Werk ab so festgelegt, dass der Amp, bezogen auf beide Kanäle, eine möglichst vielfältige stilistische Performance abliefern kann. Dazu aber später mehr (Praxis).

Das Lautstärkenmanagment des Clean-Kanals erfolgt über einen separaten Volume-Regler. Der Regler dient der Anpassung der Amp-Lautstärke. Bei kleineren Werten liefert der Verstärker sehr saubere, verzerrungsfreie Sounds. Bei steigender Lautstärke (ca. 3/4)beginnt der Sound leicht zu übersteuern. Trotz seiner überschaubaren Leistung von 10 Watt wird der Amp dann allerdings so laut, dass man schon besonders willige Nachbarn oder Untermieter haben muss, um sich nicht in einen permanenten Erklärungsnotstand zu bringen. Der Distortionkanals des Amps verfügt über zwei Lautstärken-, bzw. Gain-Controller. Während der Volume-Regler die Gesamt-Lautstärke des Amps pegelt, übernimmt der Gain-Regler die Kontrolle über die Zerrintensität des Channels. Das Angebot reicht von sehr dezenten Crunch-Sounds bis zur komprimierten HiGain Bedienung.

MG Special Features

FDD Schaltung

Ein herausragendes Feature der MG Serie ist die sogenannte FDD Schaltung. Bei allen anderen Amps der Serie zu-, und abschaltbar, sorgt sie beim MG 10 CD permanent für röhrenampmäßige Reaktionen. Das Kürzel FDD steht für die Bezeichnung Frequency Dependent Damping (Frequenz abhängiges Dämpfen,)ein Kniff, der erstmals in der Marshall Hybrid Serie AVT zum Einsatz kam. Die von Marshall entwickelte Schaltung simuliert die Wechselwirkung zwischen Endstufe und Speakern, ein Effekt, der Röhrenamps naturgemäß einen wärmeren Sound verleiht, transitorbefeuerten Gitarrenverstärkern aber erst durch entsprechende schaltungstechnische Zusatzmaßnahmen antrainiert werden muss. Das Zauberwort heißt weiche Ankopplung. Diese gibt den Speakern -einfach gesprochen- die Möglichkeit ein stückweit freier zu schwingen und sorgt so für eine natürlichere Entwicklung des Gitarrentons. Da der Dämpfungsfaktor frequenzabhängig ist, misst die FDD Schaltung die von der Endstufe erzeugte Obertonstruktur des Signals und passt den Dämpfungsfaktor automatisch und in Echtzeit an die jeweils herrschenden Bedingungen an.

Ein weiteres Highlight der MG Serie ist der CD Input. Das beim 10er mit dem emulierten Line-Out kombinierte Feature, erlaubt das Anschließen eines CD-, MD- Players oder Drumcomputers (ideal sind CD Player, die über einen regelbaren Kopfhörerausgang verfügen). Auf diese Weise eingespeiste Audios werden separat verstärkt und machen den Amp zu einer echten Play-Along Trainings-Maschine, ohne dabei den Grundsound der Gitarrensektion in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Aber auch der emulierte Line-Out erfüllt seinen Zweck und liefert ein speakeremuliertes Line Signal, dass sich problemlos dazu eignet in einem entsprechenden Recorder oder Mischpult weiterverarbeitet zu werden. Nachtschwärmer werden sich über den separaten Kopfhörer-Ausgang freuen. Dank "eingeschliffener" Speakersimulation wird auch das Üben mit "Headset" zu einem Vergnügen. Vorbei ist die Zeit in der illustre Phone-Outs die Trommelfelle mit sägenden Zerrsounds bearbeiteten.

Die Praxis

Entgegen anderslautender Berichte fand der Test des MG 10 CD nicht im Wohnzimmer statt, sondern -wie immer-im PG eigenen Studio. Die Abnahme der Ampsounds erfolgte mit Hilfe eines Standard Sure SM 57 Mikros. Zusätzlich dazu haben wir einige Trax der Test-Audios mit Line-Sounds aufgenommen. Testgitarre war, einmal mehr, unsere MusicMan Axis Super Sport, mit zwei DiMarzio Humbuckern. Der Test startet mit dem Distortion Kanal des Amps und voll aufgedrehtem Gain. In dieser Einstellung liefert der MG 10 jede Menge "Zerre" . So sind selbst brachiale NewRock Riffs problemlos zu realisieren. Und die klingen, für einen so kleinen Amp, erstaunlich fett und marshall-like. Den Contour-Regler sollte man für solche Sounds allerdings maximal halb aufdrehen, da der MG 10 über enorme Presence-Reserven verfügt, die durch den bereitgestellten Frequenzcocktail im Bereich nach 12 Uhr mehr und mehr in den Vordergrund treten. Auch ambitionierte Soloisten kommen mit dem gelieferten Sound auf ihre Kosten. Grundsätzlich gilt hier: Je mehr Contour reingedreht wird, desto durchsetzungsfähiger wird die Performance. Das bereitgestellte Gain reicht vollkommen aus, um auch ausgedehnte Legato-, und Tapping-Linie ohne "Brüche" trainieren zu können. Das Reduzieren des Gains bringt den Amp in Stimmung für marshalltypische Crunch-, und Bluessounds. Im Bereich um "High Noon" (Gain in Mittelstellung) liefert der Kanal AC/DC mäßige Crunch-, und Rock-Sounds. Offene Akkorde kommen, dank der sehr präsenten Performance des "Brüllwürfels" transparent und differenziert rüber. Richtig bluesig wird es im Gain-Level "Viertel vor". Bei abgeregelter Contour und aktiviertem Hals-Pickup inspiriert der MG zu ausgedehnten Blues-Improvisationen. Alle Gainbereiche haben eines gemeimsam: 10 Watt können verdammt laut sein. Mehr als "halb" wird man den Amp in einem Miets-, oder Reihenhaus ganz sicher nicht aufdrehen können, ohne unangenehme "Umwelt-Reaktionen" zu riskieren. Und das gilt, wie eben schon erwähnt, auch für den Clean-Kanal. Der Channel wurde so konzipiert, dass er in allen Gain-Einstellungen vor der "3 Uhr" Marke, sehr cleane, satte Sounds liefert. Erst über der magischen Marke, lässt sich der MG zu dezent angezerrten Sounds überreden. Die Lautstärke ist dann allerdings schon im, für den häuslichen Einsatz, eher "unangemessenen" Bereich. Die stilistisch vielseitigsten Ergebnisse haben wir erzielt, wenn wir mit dem Contour-Regler im ersten Drittel des Regelwegs geblieben sind und alle weiteren Soundvarianten mit der Wahl der jeweils aktiven Pick-Up Kombination auf die Schiene gebracht haben. So "initiiert" der Hals Pick-Up satte, volle Jazz-, und Blues-Sounds, im Single-Coil Modus sind richtig gut klingende Funk-Sounds möglich und der Bridge-Humbucker sorgt für drahtige Country-, und Country-Blues-Sounds.

Fazit

Der MG 10 CD ist ein praktischer Übungsamp, der sich in jeder Stilistik wohl fühlt. So kommen New Metal Götter in Spe genauso auf ihre Kosten, wie Hard-Rocker, Blueser und Jazzer. Die Leistung von 10 Watt reicht aus, um auch das Songwriting im Proberaum, oder den Mini-Gig in der Einkaufsstrasse stressfrei bestehen zu können. Die Grundsounds der beiden Kanäle wurden so aufeinander abgestimmt, dass bei einem Wechsel zwischen den beiden Sektionen keine großartigen Sound-Kompromisse in Kauf genommen werden müssen. Interessante Zusatzfeatures, wie der praktische CD IN, der frequenzkorrigierte Line-Out und der ebenfalls speakeremulierte Kopfhörer-Ausgang, machen den MG 10 CD zu einem praktischen Trainingspartner, der nicht nur Einsteiger zufrieden stellen wird.

Specs
  • Modell: Marshall MG 10 CD
  • Hersteller: Marshall
  • Typ: Gitarrencombo auf Transistorbasis
  • Ausgangsleistung: 10 Watt RMS
  • Lautsprecher: 1x6 1/2"
  • Kanäle: 2 Kanäle mit seperaten Volume-Reglern
  • Klangregelung: Mittenanpassung über Contour-Regler
  • Eingänge: Input (Git), CD In kombiniert mit Line-Out
  • Ausgänge: Kopfhörer-Out (emuliert), Line Out (emuliert) kombiniert mit CD In
  • Special:FDD Schaltung
  • Abmessungen: 290x300x180mm (B,H,T)
  • Gewicht: 5 kg
  • Preis: 109,- Euro u.v.P.

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