Die MusicMan John Petrucci 7-String Signature Gitarre-

Vorhang auf und keine Tricks

ein Test von Hansi Tietgen

Kaum ein Gitarrist ist musikalisch wie spieltechnisch so komplett ausgestattet wie Dream Theater Saitenakrobat John Petrucci. Sieben Band-Alben prallgefüllt mit Songs, die es in sich haben, zahlreiche Readers Poll-Siege in den angesagtesten Gitarrenmagazinen der Welt und einige aufregende Sideprojekte (unter anderem mit Bass-Gott Tony Levin) sind die Früchte eines Weges, der sicher auch in Zunkunft noch jede Menge Überraschungen für die Freunde innovativer Rock-Musik bereithalten wird. Eines dieser typischen Petrucci Events bahnte sich bereits im vergangenen Jahr an, als die Business-Buschtrommeln vermeldeten John hätte, gemeinsam mit den erfahrenen Music Man Designern damit begonnen, einen Prototyp für eine neue Signature-Gitarre zu entwickeln. Mittlerweile ist es bestätigte Realität. Mit dem ihm auf den Leib geschneiderten John Petrucci Modellen ist Sir John ab sofort ein offizielles Mitglied der erlauchten Music Man Family.

KK- Korpus und Konzept

Seinen Spielgewohnheiten entsprechend, sind zwei Basisversionen im Angebot- ein 6-saitiges Modell und die uns zum Test vorliegende 7-saitige Variante. Anders als bei Music Man Signature Modellen wie der "Steve Morse" oder der "Luke" für die, in Sachen Formgebung, die bewährte Silhouette Baureihe Pate stand, ging man beim Design der "Petrucci" neue Wege. Eine Maßnahme die schon darin begründet liegt, dass John's Spielstil und nicht zuletzt auch die Musik seiner Band Dream Theater, dem zum Einsatz kommenden Instrument jede Menge Sonderfeatures abverlangt. Klar, dass sich solche Ansprüche unmittelbar in der Form und Ausstattung eines entsprechenden Signature-Modells wiederspiegeln.

ShapingBesonderen Wert legte Mr. Petrucci dabei auf ein komfortables Shaping des aus Basswood (Linde) gefertigten Bodies. So wurde zum Beispiel, um ihm zu ermöglichen, seine "Pick-Hand" in idealer Weise auf der Bridge zu platzieren, ein sehr punktuelles und ergonomisches Shaping vorgenommen. Diese Maßnahme garantiert ein komfortables Auflegen des Unterarms und unterstützt John's virtuosen Picking-Stil und den zielgerichteten Einsatz von Palm Mutes.

Auch die Anordnung der Potis am äußeren Rand des Korpusses trägt der Tatsache Rechnung, dass Johnny ein gnadenloser Picker und Palm-Muter unterm Herrn ist. Die gewählte Lage am äußeren Rand des Bodies sorgt dafür, das John auch beim Spielen von trockenen Palm-Mute Runs auf den hohen Saiten zu keinem Zeitpunkt Gefahr läuft, mit dem Volume-Regler zu kollidieren.

FräsungUm die Gitarre möglichst anschmiegsam zu machen, wurde auch die Korpus-Rückseite mit einem ausgeprägten Shaping bedacht. Alle anderen vorgenommenen Fräsungen haben rein optische Gründe.

 

Die Lackierung

Eine bewährte Hochglanz Polyester Lackierung erfüllt alle optischen und schutztechnischen Ansprüche. Doch diese Beschreibung scheint mir, ob der unglaublichen Farbe des Testmodells, eigentlich etwas zu nüchtern zu sein. Das Finish hört auf den Namen Mystic Dream und offenbart, je nach Lichteinfall und Blickwinkel des Betrachters, wahre chamäleonqualitäten. Mal erscheint die Gitarre in einem dunklen Metallic-Lila, dann wieder in einem wunderschönen Blau, aber auch einen metallisches Grünton hat die Lackierung im Angebot. Damit du dir selber einen Eindruck von der flexiblen Wirkung des Farbtons Mystic Dream verschaffen kannst, haben wir eine internetspezifische Betrachtungsmöglichkeit angedacht die dich, zumindest ansatzweise, mit einem Eindruck von den mystischen Eigenschaften der Lackierung versorgen kann.

Neben der Tatsache, dass auch die Rückseite der Gitarre in genialem Mystic Dream erstrahlt, bietet sie noch einige weitere, ebenso interessante wie betrachtenswerte Merkmale. Neben den standardmäßigen Fächern für die Elektronik und die Federn der Tremolobridge, stechen zwei Features ins Auge, die in einem direkten Zusammenhang mit dem zum Einsatz kommenden Piezo-Tonabnehmersystems stehen. Namentlichen wären dies das einfach zu öffnende Fach für die 9V Blockbatterie (zur Versorgung des integrierten Preamps) und -und das ist neu- ein zusätzliches Bedienfeld mit drei Trimpotentiometern, anhand derer man eine Feinjustierung des Piezo-Sounds vornehmen kann. In diesem Zusammenhang stehen die Parameter Mix, Treble und Bass zur Verfügung. Die verwendeten Potis lassen sich sehr leicht mit einem Kreuzschraubenzieher bedienen und arbeiten elektrisch wie mechanisch äußerst präzise.

Den homogenen Übergang zur Vorstellung des Halses der Gitarre schaffe ich mir mit der Erwähnung des letzten Merkmals der Rückseite- der Metallplatte, die 5-Bolzenschrauben aufnimmt, deren Aufgabe es ist den Hals fest und sustainfördernd mit dem Korpus zu verbinden. Die Platte ist verchromt und wird von einem geprägten Firmenlogo und der entsprechenden Seriennummer verziert.

Der Hals

J.P. InlayDer Hals der Petrucci besteht aus ausgesuchtem Ahorn und ist- bei der vorliegenden 7-Saiter Version- naturgenmäß breiter dimensioniert, als bei der 6-saitigen Standard-Ausführung. Trotz seiner Breite liegt er sehr komfortabel in der Hand und erlaubt- wie soll es bei der Signature Axt eines Meistergitarreros wie John Petrucci auch anders sein- alle spieltechnischen Gimmicks die das Herz begehrt. Sehr angenehm ist die Textur des Halses die, dank der Bearbeitung mit Wachs und Öl, sehr griffig ausfällt. Das Griffbrett besteht aus Palisander und stellt satte 24 Bünde (medium Jumbo) zur Verfügung. Ein weiteres Petrucci Signature Merkmal stellt das Design der verwendeten Halsinlays dar. Eine Art Wappen mit den Insignien des Chefs (JP) eröffnet den Orientierungsreigen im ersten Bund. Weitere, verkleinerte Inlays finden sich -standardmäßig- in den Bünden 3, 5, 7, 9, 12, 15, 17, 19, 21 und 24!

Genau wie bei allen anderen Music Man Modellen ist auch der Hals der Petrucci Axt mit einem Stellstab versehen, dessen Stellschraube -einfach zugänglich- am unteren Ende des Halses zu finden ist. Sie liegt in einer kleinen Korpusaussparung und läßt sich ohne Spezialwerkzeug- mit Hilfe eines schmalklingigen Schraubenziehers- leicht und schnell bedienen.

Seinen Abschluß findet der Hals im Headstock- der Kopfplatte. Sie ist ebenfalls in der Farbe Mystic Dream lackiert und weist die muiscmantypische Formgebung auf. Um der siebten Mechanik Platz zu bieten, fällt sie allerdings etwas größer als üblich aus. Verziert wird die "Platte" durch das ErnieBall/MusicMan Logo und ein weiteres Petrucci Trademark- die Originalunterschrift des Künstlers. Die uns vorliegende Gitarre ist eine von fünf in Deutschland erhältlichen handsignierten Modellen. Alle anderen Gitarren müssen mit einer aufgebrachten Replik der Unterschrift auskommen- eine Tatsache, die sich aber garantiert nicht auf den Sound der Klampfe auswirkt!

Hardware

Bleiben wir doch noch einen Augenblick bei der der Kopfplatte. Sie beherbergt- wie eben schon erwähnt- sieben verchromte Mechaniken. Auch in dieser Hinsicht ließ man sich im Hause MusicMan nicht lumpen. Die verbauten Schaller M6 IND Locking Mechaniken gehören zum Besten, was die Szene zu bieten hat. Die Mechaniken arbeiten sehr präzise und sind selbstredend so angeordnet, dass die Saiten parallel über den Sattel laufen können. Diese Maßnahme reduziert die Reibung der Saiten in den Sattelkerben und erhöht somit die Stimmstabilität . Womit wir beim Thema wären. John hat sich nämlich auch eine brandneue Vibratobridge "an die Hand schneidern lassen". Die im Vintagestyle designte Brücke ist, dem heutigen Standard entsprechend, mit Messerklingen zur Minimierung der Reibung an den beiden Aufhängebolzen, ausgestattet. Diese Technik garantiert- in Zusammenwirken mit den Lock Mechaniken- ein absolut verstimmungsfreies "vibrieren". Besonderen Wert hat John auf die Formgebung der Bridge gelegt. Die glatte Struktur, mit den versenkten Reitern und die recht breite Handauflage, sorgen für einen ebenso hindernisfreien wie komfortablen Spielbetrieb. Das komplette System ist unterfräst so dass, nebem vertrautem "Detunen" der Saiten, auch ein Hochziehen der Töne möglich wird. Dank der perfekten Konstruktion und Verarbeitung der einzelnen Komponenten, bleiben auch hier die krassesten Tremoloaktion absolut verstimmungsfrei "in tune"!

Aber das ist noch nicht alles. Denn neben den eben beschriebenen äußeren Attributen kann das Tremolosystem auch durch seine inneren Werte überzeugen. Verborgen in den Reitern befinden sich sieben Piezo-Tonabnehmer, die den Spieler mit authentischen Akustik-Sounds versorgen können (siehe auch Audios im PG Gear Check). Dazu aber gleich mehr!

Die Elektronik

Schon ein Blick in das Elektronikfach ist vielversprechend. Die hier zu findenden Kabel und Elektronikparts sind sauber verlötet und der dicke Graphit-Abschirmlack plus Aluminumfolie garantiert brummfreien Spielspaß. Für die magnetische Soundübertragung sorgen zwei- speziell für John Petrucci gefertigte- custom made DiMarzio Humbucker. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Gitarre mit einem Tremolosystem ausgestattet ist, kommen die Pick-Ups, sowohl in der 6- als auch der 7-saitigen Version, im bewährten F-Spaced Design daher. Durch die etwas breiter ausfallende Positionierung der Pole-Pieces gewährleistet diese Bauweise eine perfekte Abnahme der einzelnen Saiten- auch bei den wildesten Tremolo-Orgien.

Kommen wir zur Schaltung und den zur Verfügung stehenden Bedienelementen. Die fällt- im Falle des uns zum Test vorliegenden piezobestückten Serien-Flagschiffs- naturgemäß etwas komplexer aus, als normalerweise üblich. Eine Tatsache, die unseren Webdesigner dazu gebracht hat, die Maus fest in die Hand zu nehmen, um die Schaltung in einer- so einfachen, wie aussagekräftigen Flash-Animation nachzustellen. Fahre mit dem Kursor über das Bild und schau dir an, was passiert:

Da Lesen ja bekanntlich bildet, haben wir uns darauf verlegt, dir das eben Gesehene auch noch einmal in geschriebener Form zu präsentieren. Los geht's!

Die Schaltung

Die Bridge des uns vorliegenden Petrucci-Modells ist- wie eben schon erwähnt- mit einem intergrierten Piezo-Tonabnehmer ausgestattet. Er sorgt für authentische Akustik-Klänge und bestimmt das Layout der Elektronik. Man kann die Sounds, entsprechend ihrer jeweiligen Herkunft, mit den Labeln "Magnetisch"(Humbucker) und "Piezo" belegen. Die beiden Signale verteilen sich auf zwei Klinken-Buchsen. Dabei ist die eine der Buchsen Mono ausgelegt und liefert- je nach gewählter Verkabelung bzw- Betriebsmodus- das pure Piezo Signal oder eine Kombination aus Piezo- und Magnetik-Sound. Ausgang Numero 2 ist mit einer Stereo-Buchse ausgestattet. Verwendet man hier ein einfaches Mono-Kabel, so erhält man ausschließlich das passive Signal der beiden DiMarzios. Beim Anschluß eines Stereokabels mit Y-Weiche liefert die "Spitze" der Klinke das passive magnetische Signal, der "Ring" den puren Piezo-Sound. Anhand eines Drei-Wege Toggle Switch, des sogenannten Mode Switch, kann man die jeweils aktiven Klangquellen vorwählen. In der ersten Position ist lediglich die magnetische Abteilung aktiv. Hier sorgen zwei powervolle - speziell für John gewickelte- DiMarzio custom-made Humbucker für die E-Gitarren Komplettbedienung. Die beiden Powerpakete werden mittels eines 3-Wege Pick-Up Wahlschalters geschaltet- Business As Usual also.

TIPP: Zu kompliziert?! Kein Thema! Wenn du mehr über die praktische Anwendung der Gitarre erfahren willst, klicke hier.

Die Praxis

Audio Info: Während unserer ausgiebigen Testphase sorgte ein Hughes&Kettner Zentera Amp für die nötige Verstärkung. Abgenommen wurde das Ganze mit dem Arbeitspferd unter den Mikrophonen - einem Shure SM 57.

Trotz des größer dimensionierten Halses hängt die Gitarre gut ausbalanciert am Gurt. Das Gesamtgewicht des Instruments ist -dank des verbauten Holzes- als sehr angenehm zu bezeichnen. Die bewährte Kombination aus Basswood-Korpus und Ahorn Hals sorgt, schon unverstärkt gespielt, für eine präzise Ansprache und eine perfekte Wiedergabe dynamischer Spielelemente und Phrasings, allesamt Eigenschaften die für einen amtlichen Betrieb der 7-Saite äußerst wichtig sind. Und diese Disziplin beherrscht das Petrucci Signature Modell par Exellence. Im High Gain Betrieb klingen Powerchord-Riffs wie Single-Lines fett und differenziert (Audio PG Gear Check). Auch schneller gespielte Tiefbass-Attacken bringt die Kombination aus DiMarzio Pick-Ups und Tonholz transparent und kraftvoll rüber. Dabei ist die Bespielbarkeit als absolut hervorragend zu bezeichnen. Alle gängigen Spieltechniken lassen sich auf dem- angenehm in der Hand liegenden Hals- perfekt umsetzen und bereits beschriebene Feature wie "verlegte Potis", die glatte und plane Oberfläche der Tremolo Bridge und ein komfortables Shaping, machen selbst pfeilschnelle Picking-Runs, ohne Eingewöhnungszeit problemlos möglich (wenn man kann).

Aber auch im Clean Betrieb bietet die Gitarre jede Menge interessanter Sounds. Egal ob jazzig vollmundig oder drahtig funky, das Petrucci Modell läßt keine Wünsche offen. Doch das ist noch nicht alles. Schließlich hat Johnny dafür gesorgt, dass das Flagschiff der Serie auch mit einem Piezo-Tonabnehmer System ausgestattet ist. Der ausschließliche Betrieb des Pick-Ups liefert hervorragende und wirklich authentische Akustik Sounds (Audio PG Gear Check). Das gilt sowohl für typische Strumming Style Akkordarbeit, als auch für atmosphärische Single-Note Lines und Pickings. Sehr interessant sind die Mischsounds aus Magnetischem- und Piezo-Signal. Mit ihnen lassen sich, sowohl im Clean-Betrieb als auch im Verzerr-Modus, äußerst coole Ergebnisse erzielen.

Die Specs
Fazit

Mit dem Release der John Petrucci Modell-Reihe setzt die Firma Ernie Ball/MusicMan ihrem, ohnehin sehr interessanten Angebot, die Krone auf. Dabei ist es den erfahrenen Designern gelungen, alle Features die ein hochklassiger Gitarrist wie John Petrucci von einem Instrument erwartet, perfekt in die Tat umzusetzen. Neben einer hervorragenden Verarbeitung und einer gnadenlos guten Bespielbarkeit liefert die Gitarre Sounds, die überzeugen. Selbst ultratiefe Riffs kommen transparent und sehr direkt rüber. Die verwendeten custom-made DiMarzio Pick-Ups leisten ganze Arbeit und wissen sowohl im High Gain- als auch im Clean Business-Betrieb zu gefallen. Und als ob das nicht schon genug wäre: die optional erhältliche Piezo Bridge sorgt für ein weiteres Plus an Soundvielfalt und bietet eine absolut authentische Akustik- Komplettbedienung. Mit diesem Instrument um den Hals fühlt man sich eben in wirklich jedem Genre zu Hause.

 

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